Herkunft der Familie Brotschi

Die Brotschi kamen um das Jahr 1500, dem Aarelauf folgend, zu Selzach an. Die drei Brotschi Marx, Clement und Thomann wurden als erste 1517 in Selzach eingebürgert.

Marx Brotschi, einer der ersten bekannten der Familie in Selzach, scheint recht wohlhabend gewesen zu sein.

Aus einer Klage vom Jahr 1559 geht hervor, dass seine Vorfahren zu Messen eine Jahrzeit gestiftet haben. Seine Nachfahren wurden im Gemeindewesen führend.

Im Jahr 1595 wurde der Metzger Hans Brotschi aus Selzach als Stadtbürger angenommen.

Im Jahre 1690 berichtet der Abt von Ettenheimmünster, der dort verstorbene Johann Brotschi habe zwei arme Waisen, Georg und Maria, hinterlassen. Um jene Zeit befand sich Niklaus Brotschi aus Selzach als Gardist zu Rom, wohin er sich im Jahre 1693 seinen Vermögensanteil senden liess. Er hinterliess dort eine Tochter namens Magdalena. Auswanderungslustige Brotschi verlangten wie andere von der Gemeinde Reisegeld:

1849 Urs Josef Brotschi, 1850 Konrad Brotschi, 1854 Melchior Brotschi und im gleichen Jahr die Brüder Friederich und Melchior, welche nach Brasilien auszuwandern trachteten. Im Jahr 1852 zog Leutnant Niklaus Brotschi, der ehemalige Rössli-Wirt und Bauleiter des Schulhauses, mit Frau und vier Kindern nach Amerika. Man forschte nach ihm im Jahre 1908, um ihm eine ansehnliche Erbschaft zu übermitteln. Melchior Brotschi, Johanns aus dem Haag, verlangte Anno 1863 Reisegeld nach Amerika.

 

EINIGE ANEKDOTEN UEBER BROTSCHI

Eine grosse Schlägerei ereignete sich anno 1707 zwischen Selzachern und Grenchner jungen Gesellen. Unter den Selzachern waren beteiligt: Hans und Josef Kiefer, Urs Bur, Josef Brotschi, Benedikt Obrecht, Benedikt Hugi.

Im März 1798 grub Jakob Brotschi (wahrscheinlich derjenige von der 4. Generation) zusammen mit seinem Bruder einen Silberschatz auf dem Biritzenmoos in Biberist aus. Zuvor hatten sie beobachtet, wie die Mönche des Franziskanerklosters von Solothurn, diesen Schatz vergraben hatten. Jakob verkaufte den Schatz noch am gleichen Tag an zwei Franzosen aus Besançon namens Orel und Hugene. Einige Tage später begann ihn das schlechte Gewissen zu plagen. Er verreiste nach Besançon, um das Silber von den Franzosen zurückzufordern, aber diese wollten es ihm nicht mehr geben. So ging er zum Platzkommandanten in Solothurn und erzählte diesem freimütig seine Geschichte.

Am 11. März 1844 misshandelte Josef Brotschi, Josef 5 von Selzach, Zimmermann, den Konrad Brotschi, Schneider, mit Faustschlägen. Dafür wurde er unter anderem mit zwei Tagen Gefängnis gebüsst.

Anton Greder, der keiner Schlägerei aus dem Wege ging, hat am Sonntag, den 10. Juni 1849 nachts in der Weinschenke seines Vaters zu ,,Grabachern" dem die Wirtschaft verlassenden Konrad Brotschi, Zimmermann, mit dem Sackmesser Streiche ins Gesicht gegeben, ihn vors Haus geschleppt, ihm Fusstritte versetzt und den Hals gerade so weit umgedreht, dass er noch am Leben blieb. Es waren keine Zeugen vorhanden. Greder gab Notwehr vor und wurde freigesprochen.

Am 16. Februar 1851 wurde Christian Baumstark in Bellach, als er mit Klemens Mengisen Anna Maria Vögeli nach Selzach begleitete, im Moos überfallen und geschlagen von Kaspar Brotschi, Josef Vögeli, Niklaus Staufer, Johann Brotschi und Viktor Bur. Sie hatten Busse zu zahlen.

Als Repräsentant des regsamen 19. Jahrhunderts mag jener Brotschi gewesener Fechtmeister in französischen Diensten, gelten, der mit Vorliebe zum Zweikampfe aufforderte. Seine Tüchtigkeit wurde seiner Schlagfertigkeit, seiner abnormalen Gesichtsbildung und seinem Schielen zugeschrieben. So wusste der Gegner kaum, wohin der Streich führen sollte. Einen Urlaub brach er kurz ab, nachdem er in der Einsiedelei bei Solothurn die schlafende Jünger im Oelgarten aufgestellt hatte mit der Bemerkung, sie wären nun lange genug dagelegen.

Einige Zahlen

Verhältnis der Zahl von Knaben und Mädchen der Brotschi bei der Geburt. Die Zahlen beziehen sich auf alle in dieser Arbeit registrierten Geburten.

Mädchen wurden 17 geboren, während im gleichen Zeitraum 31 Brotschi-Knaben das Licht der Welt erblickten. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass das Verhältnis also fast 2 zu 1 zugunsten der Knaben ist. Dies erklärt auch die relativ grosse Verbreitung der Brotschi in der Region.

Die Alterserwartung berechnete ich anhand der Lebensdauer von 10 männlichen Brotschi, die in 8 Generationen lebten. Die Durchschnittszahl der Lebensdauer liegt bei 60 Jahren, doch sind hiezu noch einige Erläuterungen nötig. Wie wir sehen, wurden in den ersten 3 Generationen die Brotschi nur oder nicht einmal 40 Jahre alt. Von der 4. Generation weg steigt die Lebensdauer ziemlich rasch und von der 6. Generation weg starb kein Brotschi mehr unter 75 Jahren (darin ausgeschlossen ist Alfred Brotschi mit 59 Jahren von 1889 - 1948).

Das Durchschnittsalter der männlichen Brotschi bei der Verhe-ratung liegt bei 30 Jahren.

LEBENSLAEUFE

ERWIN BROTSCHI-AREGGER

Nachruf aus der Solothurner Zeitung vom 29. Februar 1968

Abschied von alt Bürgerammann Erwin Brotschi, Selzach 

In gewohnter Pflichtauffassung kehrte alt Bürgerammann Erwin Brotschi-Aregger in seiner Funktion als Forstpräsident von einer Waldbesichtigung zurück, als er von einem Unfall ereilt wurde, der eine ärztliche Behandlung in dem Bürgerspital Solothurn notwendig machte. Die Hoffnungen auf baldige Genesung blieben aber unerfüllt, weil es vom höchsten Gebieter über unseren Lebenslauf anders bestimmt worden ist. Die unfassbare Todesnachricht löste in der ganzen Dorfschaft eine verständliche Bestürzung aus, denn sozusagen bis zum letzten Tag sah man den allgemein geachteten Mann eiligen Schrittes seinen Aufgaben nachgehen, weil man gewohnt war, von ihm vollen persönlichen Einsatz und höchstes Pflichtbewusstsein, trotz seiner 75 Lebensjahre, zu erwarten. Mit dem Tode von alt Bürgerammann Erwin Brotschi verliert die Dorfschaft eine profilierte Persönlichkeit, deren Lücke auszufüllen schwerhalten wird, dazu der Verlust eines guten Gatten und Vaters in einer ehrenhaften Familie kommt, die auf strengen christlichem Glauben aufgebaut wurde. Erwin Brotschi war ein Mann, der stets seinen geraden Weg ging und der sich neben seiner Berufsarbeit restlos für alles einsetzte, was der Gemeinschaft nützlich sein konnte, mit Verzicht auf jeglichen Eigennutz. Nach Uebernahme des elterlichen Bauernhofes und nach Gründung einer eigenen Familie mit der Bauerntochter Agatha Aregger, in der er in allen Situationen und in der Erziehung seiner drei Söhne und einer Tochter zu tüchtigen Menschen eine nie versagende Stütze fand, stellte er sich der Bürgergemeinde als Gemeinderat zur Verfügung, um nach dem Tode von Johann Hugi das Ammannamt der Bürgergemeinde während voller 30 Jahre zu übernehmen, stets geleitet von einer klugen Planung und einer strengen Konsequenz, weil ihm das Wohl ,,seiner" Bürgergemeinde am Herzen lag, für die er keine Opfer scheute. Sein Interesse war aber auch nicht weniger auf die Sorge um die ausgedehnten Waldungen der Bürgergemeinde gerichtet, stand er doch 17 Jahre bis zu seinem Tode der Forstkommission als Präsident vor. So finden wir ihn auch im Vorstand des Leberbergischen Zweckverbandes der Bürgergemeinden, im kantonalen Bürgergemeindeverband und im Waldwirtschaftsverband Solothurn-Lebern, wo sein Wort etwas galt. Damit war das Pflichtmass von Erwin Brotschi in der Oeffentlichkeit noch nicht erfüllt. Wir treffen ihn in den führenden landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbänden an massgebender Stelle und als zuverlässigen Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Genossenschaft, welches Amt er auf den Jahreswechsel 67/68 seinem Sohn übertragen hat, wie auch als Mitinitiant bei der Durchführung des grossen Meliorationswerkes auf der Witi während des zweiten Weltkrieges. Der Vollständigkeit halber müssen wir noch festhalten, dass Erwin Brotschi der Darlehenskasse während 20 Jahren als Kassier diente und von 1942 bis zu seinem Tode an der rapiden Entwicklung der Kasse als umsichtiger Präsident grossen Anteil hatte, dank seines vorsichtigen Abwägens aller Entscheide und weil er in allen seinen Lebensaufgaben immer nur dann zustimmte, wenn er vom Guten und Gerechten des zu Schaffenden überzeugt war. Dem Vaterland diente er 1914 bis 1918 bei den fahrenden Mitrailleuren und fehlte an keiner Erinnerungsfeier. Erwin Brotschi war politisch ein Volksparteimann von altem Schrot und Korn, der aber des andern Meinung achtete und stets eine vertrauensvolle Atmospäre zu gestalten wusste. Die Trauerfeier erbrachte den Beweis dafür, dass der Verstorbene nicht nur in der Dorfschaft, sondern bis in weiteste Kreise geschätzt war. Eine grosse Trauergemeinde, darunter Landammann Dr. F.J. Jeger, gab dem Verstorbenen das letzte Geleit. Vor der Totenmesse in der überfüllten Kirche umriss Pfarrer Studer das vielfältige Lebensbild des Dahingegangenen als bescheidenen, lebensernsten und gelegentlich auch frohmütigen Menschen, Familienvater und Staatsbürger. Bürgeramman J. Bur dankte ihm aufrichtig namens der Bürgergemeinde und der Forstkommission, Kantonsrat 0. Karli namens der landwirtschaftlichen Genossenschaftsorganisationen sowie der Christlich-sozialen Volkspartei, während alt-Kantonsrat J. Aerni die Verdienste Erwin Brotschis um die Entwicklung der Darlehenskasse würdigte. 

Möge der Heimgegangene für seine voll erfüllten Lebenspflichten seinen Frieden im ewigen Vaterhause finden.

AGATHA BROTSCHI -AREGGER

Nachruf aus der ,,Solothurner Zeitung" vom 31.03.1971

Mit dem Tode von Agatha Brotschi-Aregger, der Frau des früheren Bürgerammanns Erwin Brotschi, hat eine währschafte Bäuerin unser Dorf für immer verlassen. Sie ist nach schwerer Krankheit im Alter von 73 Jahren gestorben.

Als Bauerntochter erlebte sie die Kinderjahre in Aedermannsdorf, später zog sie mit den Eltern für einige Jahre in den Berner Jura. Die Familie Aregger kam 1912 nach Selzach ins Moos, wo sie einen Bauernhof bewirtschaftete. Die temparamentvolle Tochter Agatha liess sich auch als Damenschneiderin ausbilden. Mit dem nötigen Rüstzeug für eine tüchtige Bäuerin versehen, schloss sie 1921 mit Erwin Brotschi den Ehebund. In bester Harmonie mit ihrem Gatten, den drei Söhnen und ihrer Tochter erlebte sie in ihrem stattlichen Bauernhof mitten im Dorf das Familienglück. Vor ein paar Jahren ist ihr durch einen Unfall der Lebensgefährte entrissen worden. Das war ein harter Schicksalsschlag, den sie mit christlichem Gottvertrauen verkraftete. Jederzeit hilfsbereit wirkte sie viele Jahrzehnte im hiesigen Samariterverein. Sie wurde für ihre grossen Verdienste als Samariterin vom Schweizerischen Roten Kreuz mit der Henri-Dunant-Medaille ausgezeichnet. Auch im Landfrauenverein Solothurn und Umgebung betätigte sie sich aktiv. Für die Gemeinde leistete sie wertvolle Hilfe in der Hauswirtschaftskommission, in welcher sie öfters die Initiantin für fröhliche Stunden nach getaner Arbeit war. Es war für Frau Brotschi eine Selbstverständlichkeit an den vielen wohltätigen Basars in der Gemeinde die ihr zugeteilten Ressorts zu übernehmen. Keine Arbeit, sei sie für ihre Familie oder das Wohl der Mitmenschen gewesen, war ihr zuviel.

Zum ewigen Abschied danken wir Agatha Brotschi für das Wirken in unserem Dorf. Wir behalten sie in guter Erinnerung und versichern der Trauerfamilie unser herzliches Beileid.

Quelle: Seminararbeit von Peter Brotschi, "Die Familie Brotschi von Selzach" Bürgerammannslinie, Januar 1979